Beim vierten Anlauf des „härtesten Non Stop Radrennen“ Race Around Austria mit 2200 Kilometer und 30.000 Höhenmeter der ersehnte Podestplatz.
Extremsportler Michael Kochendörfer aus Billigheim vom VFR Waldkatzenbach startete dies Jahr bereits zum vierten Mal beim „härtesten Non Stop Radrennen“ in Europa. Einmal rund um Österreich entlang den Grenzen Deutschland, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Italien, Lichtenstein.
Die Vorbereitung für das erneute Abenteuer startete schon im November 2017. Unzählige Kilometer auf dem Rad ergänzt durch Krafttraining standen auf dem Programm. Zusätzlich wurden mit dem Race Across the Alps und dem 12h Mountainbike Rennen in Külsheim Vorbereitungswettkämpfe eingebaut. Doch nicht nur die Konditionelle und Mentale Vorbereitung muss passen, für so ein Abenteuer braucht es auch ein gut funktionierendes Betreuerteam und eine entsprechende Ausrüstung. Das Team bestand aus Frau Anja Kochendörfer, Bruder Heiko Kochendörfer, Pierre Keller, Heiko Dengel, Armin Lenz, Jörn Rosolski, Günter Hägele, Alfred Morsch. Im Vorfeld wurden die Routenpläne ausgearbeitet, mehrere Navigationsgeräte für Fahrrad und Begleitfahrzeuge gerichtet. Zusatz Beleuchtungen, Funk und Lautsprecher montiert. Mit 2 Fahrräder eines mit Aero Aufsatz für die Pace im Ebenen und eines Speziell für die Berge. Dazu für alle Räder Ersatzlaufräder und mehrere Sättel, damit bei Sitzproblemen alternativen zur Verfügung stehen. Ernährungspläne wurden ausgearbeitet und die spezielle Ernährung besorgt. Auch musste man sich (aus Erfahrung der letzten Jahre) auf jedes Wetter einstellen. So wurde alles von Sommer, Regen und Winterkleidung eingepackt.
Nach der Anreise mit Pace Car und Wohnmobil wurden die Startunterlagen besorgt und die Fahrräder und die Fahrzeuge mit den offiziellen Aufklebern und Lichter bestückt. Dies wurde von Seiten des Veranstalters überprüft und kontrolliert. Am Abend folgte das Briefing mit den ausführlichen Informationen und Regeln. Somit waren die wesentlichen Dinge am Vortag erledigt und bei einem gemeinsamen Abendessen nochmals die Speicher auffüllen und früh schlafen gehen um ausgeruht am nächsten Morgen zu starten. Was heißt hier früh schlafen. Meistens ist es so, dass ich vor dem Rennen immer unruhig schlafe. Sämtliche Gedanken gehen einem durch den Kopf, hast du alles richtig gemacht in der Vorbereitung, passt das Material etc.…
Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Mein Start um 9.42 Uhr auf dem Marktplatz in St. Georgen im Attergau. Wie läuft das Rennen ab. Gestartet wird wie beim Einzelzeitfahren jeder für sich zeitversetzt. Man fährt im öffentlichen Straßenverkehr unter Beachtung der Verkehrsregeln. Begleitet von einem Pace Car, das hinter einem fährt. Nachts permanent unter Tags kann das Pace Car auch mal etwas vorfahren. Windschatten fahren ist nicht erlaubt, auch nicht das fahren in der Gruppe. Die Wettervorhersagen waren gut, nur am Start etwas Regen. Und so war es dann auch pünktlich zum Start ein leichter Sommerregen. Da der Radsportler ununterbrochen vom Begleitfahrzeug anhand des Routebooks navigiert werden musste, teilten sich die Unterstützer in zwei Teams, die abwechselnd verschiedene Aufgaben übernahmen, die Strecke abstimmten, Kochendörfer verpflegten, Kleidung reichten, Räder tauschten und warteten und vieles andere mehr.
Michael Kochendörfer kam sehr gut ins Rennen, das in Richtung Mühlenviertel führte, der Streckenabschnitt galt für die Alpenrepublik zwar als flacher Abschnitt, für deutsche Verhältnisse war es aber schon relativ bergig. Gut versorgt von seiner Crew ging es bei leichtem Regen in Richtung Slowakei. Der Plan war, bis zur zweiten Nacht komplett durchzufahren und erst in der zweiten Nacht den ersten PowerNap einzulegen. Die Crew im Begleitfahrzeug gab alles, um den Biker bei Laune zu halten und um ihn optimal zu versorgen. Das Wetter war mittlerweile optimal, der leichte Regen war vorbei und es nach den vergangenen heißen Tagen nicht allzu heiß. Nach den ersten 24 Stunden hatte der Billigheimer bereits 670 Kilometer in den Beinen.
Weiter ging es durch die Südsteirische Weinstraße in Richtung Lavamünd Soboth bis zur Passhöhe auf 1361 Meter. Für die steilen Rampen hatte Kochendörfer ein spezielles Bergrad dabei, damit er die Anstiege mit einer anderen Übersetzung fahren konnte, während für die langen, steilen Abfahrten Scheibenbremsen installiert waren. Nach ca. 39h 1033 gefahrenen Kilometer bereits in der 2. Nacht war es dann soweit, die erste kurze Schlafpause von 15 min wurde eingelegt. Das Team hatte alles vorbereitet. Kleider Wechsel, kurz abwaschen, hinlegen. Während ich meine 15 Minuten schlief hatte das Team alle Hände voll zu tun. Räder checken etc. Nach dem Wecken wurde ich frisch begleitet wieder aufs Rad gesetzt. Um den Sportler bei Laune zu halten, gab das Team über Lautsprecher Botschaften an Kochendörfer weiter, die über dessen Facebookseite aus der Heimat eingegangen waren. Weiter ging es Richtung Kötschach, Obertilliach. Nach 1.208 Kilometern und 49 Stunden im Sattel In Lienz angekommen. Nun geht es in die „richtigen Berge“. Über Iselsberg (1201m); Heiligenblut galt es den Großglockner zu bewältigen, ausnahmsweise dieses Jahr mal bei schönem Wetter. Oben angekommen an de ersten Passhöhe Hochtor auf 2500 Meter ging es ein wieder 500 Höhenmeter bergab paar und dann wieder Bergauf zur zweiten Passhöhe Fuschertörl. Für die lange Abfahrt wurde kurz eine Jacke übergezogen und ab ins Tal. Unten angekommen bemerkte ich, dass mein Pace Car, das bei dem dichten Verkehr nicht unmittelbar folgen konnte nicht kam. Und schon bekam ich einen Anruf auf mein Handy, das ich zur Not eingesteckt hatte. Die Crew teilte mir mit, dass ein Motorrad auf, das Pace Car aufgefahren war, aber zum Glück nichts passiert sei. Ich solle weiterfahren, sie kommen so schnell es geht nach. Die Rennleitung wurde bereits informiert und ich durfte somit kurze Zeit alleine weiterfahren. Zur Not hatte ich ja auch mein Fahrradnavi dabei. Zum Glück konnte die Crew alles schnell abwickeln und mir wieder folgen. Was ein Schreckmoment. Der Ausfall des Pace Car würde auch die Rennaufgabe bedeuten.
Kaum unten angekommen ging es weiter Richtung Mittersill, Krimmler Wasserfälle und der nächste Pass auf den Gerloßpass (1.626m) folgte. Weiter ging es durch Innsbruck weiter zum Kühtai, wo nach 22,3 Kilometer Anstieg auf 2.020 Höhenmetern, der Kühtaisattel überquert werden musste. Hier hatte Kochendörfer auf den letzten Kilometern zu kämpfen, war die Strecke in diesem Abschnitt doch sehr steil. Motiviert aus dem Begleitfahrzeug heraus schafften wir nach 1.5000 Kilometern war die Passhöhe. Mittlerweile waren wir in der zweiten Nacht um ca. 2 Uhr. Auf der Passhöhe wurde ich warm angezogen um in der langen Abfahrt nicht aus zu kühlen. Leider hatte ich in der langen Abfahrt Probleme mit Sekundenschlaf und so mussten wir unten angekommen den zweiten PowerNap von 15 Minuten einlegen.
Nach der kurzen Pause ging es weiter in Richtung Bregenz auf der Silvretta-Hochalpenstraße. Im Anstieg zur Passhöhe wurde es wieder hell. Die Passhöhe auf 2041m wurde erreicht. Nach der Abfahrt standen die nächsten Highlights an Thüringerberg und Faschinajoch auf 1483m. Nun ging es Richtung Bregenz, Warth und der nächste Pass musste bewältigt werden. Hochtannbergpass auf 1408 Meter.
Schon sichtlich gezeichnet von den Strapazen folgt mental nun einer der schwierigsten Abschnitte. Der Fernpass. Hier hatte Michael Kochendörfer nicht nur mit der Müdigkeit, sondern auch mit dichtem Autoverkehr zu kämpfen. Die vielen Fahrzeuge (die natürlich kein Verständnis für einen Radfahrer auf dem Fernpass hatten) führten auch dazu, dass es mit der Abschirmung durch das Teamfahrzeug nicht immer klappte. Dennoch waren nach diesem Abschnitt 1.800 Kilometer geschafft. Es war eine sehr schlimme Rennphase bei dichtem Autoverkehr. Mein Team musste alles geben um mich im Rennen zu halten und durch diese schwierige Situation zu begleiten.
Nun ging es durch Innsbruck zurück Richtung Ampass. Mittlerweile die 4. Nacht angebrochen wurde der letzte 15min PowerNap eingelegt.
Nach der Pause ging es weiter Richtung Kufstein, Walchsee, Kössen.
Mittlerweile war es Samstagmorgen. Und Unterstützung aus der Heimat war angereist und hat für zusätzliche Motivation an der Strecke gesorgt.
Bei Kilometer 2.000, ging es noch einmal zwei sehr steile Pässe hoch. Die erste Passhöhe auf den Filzensattel auf 1290 Metern, gefolgt von der zweiten Passhöhe auf 1370 Metern. Die Betreuer gaben alles und puschten mich die Berge hoch. Noch war ich sehr gut im Zeitplan und mein Ziel unter 100 Stunden zu finishen war noch möglich.
Nun war es Samstagvormittag und noch ca. 100 Kilometer bei sehr starkem Verkehrsaufkommen zu bewältigen. Das Team gab alles und puschte mich wo es nur ging und so erreichte ich überglücklich nach 99 Stunden und 24 Minuten das Ziel in St. Georgen im Attergau. Unglaublich wie viele Menschen auf den letzten Kilometer am Straßenrand standen und mich anfeuerten. Dies setzte zusätzliche Kräfte frei.
Die Platzierung war bei Zielankunft noch nicht ganz klar, da ja in verschieden Blöcken gestartet wurde und die meisten noch unterwegs waren. Die Zielankunft war wieder Gänsehaut pur. Durch die jubelnden Menschen auf dem Marktplatz eskodiert und dort gab es einen tollen Empfang mit obligatorischer Sektdusche.
Dann am Abend die Gewissheit, ich hatte den 3. Gesamtplatz erreicht. Das erste Mal auf dem Podestplatz beim härtesten Nonstop Rad Rennen in Europa. Ich konnte mich um 6 Stunden gegenüber dem Vorjahr verbessern. Unsere Strategie ging auf. In den 99 Stunden und 24 Minuten hatte ich 4x15min geschlafen. Material funktionierte ohne Probleme. Höhen und Tiefen gibt es bei solchen Strapazen immer, doch Dank der hervorragende Teamleistung konnten wir die Tiefs sehr gut bewältigen. Einige gefährliche Situationen gab es auch durch den zum Teil dichten Straßenverkehr, die Crew im Pace Car war jedoch immer auf der Höhe und hat mich hervorragend abgeschirmt.
Ernährung hat zum größten Teil funktioniert. Am letzten Tag hatte ich ein wenig Verdauungsprobleme, die wir jedoch wieder in den Griff bekommen habe.
Somit mussten wir unseren Aufenthalt um einen Tag verlängern, da die Siegehrung erst am Sonntagnachmittag stattgefunden hat. Auch diese war wieder was Besonderes, mitten auf dem Marktplatz umjubelt von den vielen Zuschauern.
Trotz aller Strapazen, vergaß Michael Kochendörfer nicht, seinem Team zu danken, das sich ganz für das gemeinsame Ziel aufgeopfert habe. Alle Betreuer mussten auf jeglichen Komfort verzichten, konnten nur stundenweise im Auto schlafen, sich nur sporadisch waschen, wenig essen.
Um die Strapazen zu meistern war eine ausgeglichene Energiebilanz entscheidend. So mussten pro Tag ca. 10.000 Kalorien aufgenommen werden. Hierfür hatte Michael Kochendörfer eine spezielle Flüssignahrung dabei. Auch Bananen, Äpfel, selbst gemachten Energieriegel sorgten ebenfalls für Kohlenhydratzufuhr. Hier verließ sich der Billigheimer auf spezielle Mischungen der Mühle Geßmann.
Da der Extrem-Radsport als Randsportart keine großen Sponsorengelder akquiriert, galt ein Dank des Athleten vielen Unterstützern, die Material beigesteuert hatte. Das Team Storck Bicycle, der Heimatverein VFR Waldkatzenbach, Armins Radhaus in Aglasterhausen unterstützen tatkräftig, das Autohaus Keller steuerte das Pace Car bei. Storck Bicycle stellte die Räder bereit, während Schwalbe die Reifen spendierten. Sport Import die mich schon seit Jahren mit Material unterstützen. Supernova machte mit Akkulampen die Nacht auf dem Rad zum Tag, und die Sinner Optik half mit speziellen Kontaktlinsen aus. Die Team-Shirts wurden von der Firma CSP produziert.