Race Around Austria: „Das härteste Radrennen in Europa“
2200 Kilometer und 30.000 Höhenmeter einmal rund um Österreich entlang der Grenzen Deutschland, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Italien, Lichtenstein, Deutschland.
Gefahren wird in der Solovariante Non Stopp, d.h. jeder legt seine Pausenzeiten selbst fest.
Die Vorbereitung auf dieses Highlight begann für mich schon im November 2014. Neben den vielen Trainingseinheiten ist dieser Event auch organisatorisch mit einem großen Aufwand verbunden. Ein 7 Mann starkes Betreuer Team, bestehend aus Ehefrau Anja, Tochter Chantal, Bruder Heiko, Heiko Dengel, Armin Lenz, Günter Hägele und Jörn Rosolski wurde benötigt. Dazu jede Menge Material, 1 Pace Car, 1 Wohnmobil, 3 Rennräder mit unterschiedlichen Übersetzungen, für jedes Rad Ersatzteile und Reserve Laufräder; Lautsprecher, Blinklichter, Funkgeräte, mehrere Navigationsgeräte, Spezielle Akkulampen für die Räder, mehrere Kisten Kleidung, spezielle Ernährung.
In mehreren Teamtreffen wurde alles organisiert und die Aufgaben verteilt. Am Montag, den 10. August erfolgte die Anreise zum Startort St. Georgien im Attergau. Dort angekommen mussten gleich jede Menge Aufgaben erledigt werden. Startunterlagen holen und Autos und Räder fertig machen. Das Pace Car musste mit Aufklebern, Warnlichtern und Lautsprecher ausgerüstet werden. Die Räder mit speziellen Leuchtaufklebern beklebt werden. Ein ganzes Buch an Regelwerk und Formularen., Haftungsausschlüssen etc… Das ganze Team war beschäftigt, zum Schluss erfolgte noch die offizielle Abnahme.
Mein Start am Dienstag um 18.06 Uhr. Gestartet wurde wie beim Einzelzeitfahren im 2 Minutentakt auf einer Startrampe mitten im Ortszentrum. Entgegen dem letzten Jahr, in dem es kalt war und regnete, hatten wir dieses Jahr heiße Temperaturen. So war ein Start um 18 Uhr gar nicht so schlecht. Unsere Strategie, wir bildeten aus den 7 Mann 2 Teams mit je 3 Mann, die sich im Pace Car abwechselten. Der 7 Mann war nur für das Wohnmobil zuständig. Ich musste permanent von meinem Pace Car begleitet werden. Dieses hatte die Aufgabe mich anhand des Routebook zu navigieren, mich vom Verkehr abzuschirmen und mich mit Nahrung und Kleidung zu versorgen.
Falls es im Pace Car Probleme gab, hieß es auch für mich ich darf nicht weiter fahren ohne Begleitfahrzeug. Genauso mussten die Verkehrsregeln eingehalten werden. Bei Nichteinhaltung wird Zeitstrafe verhängt.
Wir kamen sehr gut ins Rennen. Es ging Richtung Mühlenviertel, der Streckenabschnitt am Anfang galt ja eher als flacher Abschnitt, was für deutsche Verhältnisse aber schon recht bergig ist. So ging es gleich in die erste Nacht. Die Crew passte super auf mich auf, versorgte mich mit Nahrung und Kleidung, wie ausgemacht, wechselte die Crew im Pace Car, für mich ging es weiter Richtung Slowakei.
Die erste Nacht überstanden, folgte nun ein Kampf gegen die Hitze, die Temperaturen stiegen bis auf 38°. Ich war nur noch damit beschäftigt mich mit Wasser abzukühlen und genug zu trinken. Die Crew gab alles um mich bei Laune zu halten und um mich optimal zu versorgen. Die ersten 24h überstanden und 630km absolviert. Unsere Taktik sah ja vor, die ersten 30h durch zu fahren. Dies konnten wir umsetzen und so ging es nach 30h Fahrzeit für mich in die erste 1stündige Schlafpause. Die Crew hatte alles vorbereitet. Runter vom Rad, kurz abwaschen, umziehen, eine warme Suppe, hinlegen 1Stunde Schlaf, wecken und wieder rauf aufs Rad. Nun ging es Richtung südsteirische Weinstraße, Richtung Lavamünd Soboth bis zur Passhöhe auf 1361 Meter.
Für die steilen Rampen setzten wir ein spezielles Berg Rad mit anderer Übersetzung und Scheibenbremsen für die Abfahrten ein. Mittlerweile hatten wir das Burgenland passiert. Es ging Richtung Klagenfurt, Villach. Die Stimmung im Team war gut. Sie taten alles um mich bei Laune zu halten. Ich bekam Nachrichten über Lautsprecher aus der Heimat vorgelesen, die mich natürlich extra motivierten. Die ersten Sitzbeschwerden, Schmerzen in den Muskeln, Beine und Arme machten sich bemerkbar. Nach 1208km erreichten wir Lienz und dort machten wir unseren 2. Stopp nach ca. 53h Fahrzeit. Wieder wie ausgemacht 1St. Schlafpause. Nahrung, frische Kleidung und weiter. Nun geht das Rennen eigentlich erst richtig los. Es folgt die Auffahrt zum Großglockner, Richtung Spittal über den Iselsberg. Der Iselsberg auf 1201Hm, dann nach Heiligenblut und von Heiligenblut 14km hoch auf 2500Hm zum Hochtor. Wieder setzte ich mein Spezielles Storck Aernario Berg Rad ein. Schon über 1200km in den Beinen und mitten in der Nacht quälte ich mich Meter um Meter nach oben angefeuert von meiner Crew. Endlich oben angekommen geht es erst einmal ein paar Kilometer Berg ab und es folgt der Anstieg zur zweiten Passhöhe Fuschertörl. Es folgte eine lange Abfahrt, die mir einige Mühe bereitete. Ich hatte mit dem Schlafentzug zu kämpfen und musste immer wieder aufpassen, nicht in den Sekunden Schlaf zu fallen.
Kaum unten angekommen ging es weiter Richtung Mittersill, mittlerweile war es wieder Tag. Der nächste Pass folgte. Es ging hoch auf den Gerloßpass auf 1626Hm. Im Aufstieg versammelten sich sehr viele Zuschauer die uns anfeuerten. Es folgte die Fahrt Richtung Innsbruck. Meine Crew navigierte mich super durch die Stadt Innsbruck. Und nun ging es weiter über Axams Richtung Kühtei. Der nächste steile Anstieg 22,3km auf 2020Hm. Gerade die letzten Kilometer sehr steil. Ich musste extrem kämpfen. Meine Crew motivierte wo es nur ging, mal mit Durchsagen durch die Lautsprecher mal wurde ein paar Schritte neben her gerannt. Nach 1500 gefahren Kilometer auf der Passhöhe angekommen, zog ich kurz was über, stärkte mich und bekam eine kurze Beinlockerung durch meine Crew. Abfahrt und weiter Richtung Bregenz, das nächste Highlight folgt, die Silvretta Hochalpenstraße. Der Tag fast schon wieder vorbei, die Auffahrt anfangs eher flach und Langgezogen. Ziel war noch diesen Pass und oben die nächste Schlafpause. Das Wetter schlug um, Es kam ein Gewitter mit Regen, so entschieden wir uns die Pause etwas früher zu machen. So legte ich nach ca. 78h meine dritte 1stündige Schlafpause ein. Nach dieser Stunde war das Gewitter vorüber, es hatte aber merklich abgekühlt und so kämpften wir uns hoch Richtung Galtür, Mautstelle hoch zur Passhöhe auf 2041Hm. Weiter Richtung Bludenz, nächster Anstieg hoch zum Faschinajoch auf 1483Hm. Die Abfahrt machte mir wieder durch meinen Schlafentzug zu schaffen, ich musste wieder kämpfen um nicht in den Sekundenschlaf zu fallen. De nächste Pass Warth Hochtannbergpass mit 1418Hm folgte. Es ging wieder Richtung Innsbruck zum nächsten Anstieg Richtung Fernpass. Vor dem Fernpass wurde ich dann von der Crew mit einem eigenen Navi ausgestattet, da am Fernpass mit Stau zu rechnen war. Der Fernpass war sehr schwierig zu bewältigen. Dichter Autoverkehr, ich total übermüdet und zum Teil das fehlende Pace Car hinter mir zur Abschirmung. 1800 Kilometer waren geschafft.
Sitzprobleme, Hände und Arme schmerzten, noch 400 Kilometer zu fahren. Meine Crew war wieder gefragt mich bei Laune zu halten und vor allen Dingen folgen nun auch Streckenabschnitte ohne irgendwelche Highlights, die Gefahr des Sekundenschlafes war wieder sehr hoch.
Super waren die vielen aufmunternde Kommentare über Facebook und auch einige bekannte die am Streckenrand auftauchten und uns anfeuerten.
Mittlerweile ist es Samstagnachmittag, es beginnt leicht zu regnen. Es geht in die letzte Nacht, noch einmal Licht montieren und umziehen, da es nur noch 250 Kilometer sind wollen wir in der letzten Nacht auf die Schlafpause verzichten. Bei Kilometer 2000 um ca. 1Uhr nachts geht es nochmals sehr steil 2 Pässe hoch Richtung Dienten, im ersten Aufstieg war ich mit den Kräften so am Ende, dass ich nur noch Schlangenlinie fahren konnte. Meine Crew nahm mich für einen 10 minütigen Powernap vom Rad. Nach diesem ging es wieder einigermaßen und ich konnte die beiden Pässe passieren. Die Abfahrt gemeistert setzte so langsam der Regen ein und so fuhren wir die letzten 100 Kilometer im Regen dem Ziel entgegen. So kurz vor 7 Uhr war es dann geschafft nach 107h erreichte ich das Ziel in St. Georgien. Im Ziel wurde ich auch von ein paar heimischen Fans empfangen. Nach dem Zielinterview gab es noch die obligatorische Sektdusche. Im Gesamtklassement belegte ich den 6.Platz. Fast 50% der teilnehmenden Fahrer erreichten nicht das Ziel. Sieger wurde wieder mit Abstand der Weltbeste Ausdauer Athlet Christoph Strasser in neuer Rekordzeit.
Ein ganz persönlicher Dank gilt meinem Team, das sich ganz für unser gemeinsames Ziel aufgeopfert hat. Sie mussten auf jeglichen Komfort verzichten, konnten nur Stundenweise im Auto schlafen. Sporadisch Waschen, fast nicht Essen. Toilettengänge der Crew waren auch sehr eingeschränkt und mussten sich eigentlich komplett nach mir richten.
Ich persönlich war 5h schneller als letztes Jahr unterwegs. Anfangs befand ich mich sogar noch auf einem Podestplatz viel aber hinten heraus etwas ab.
Besonders zu schaffen machte mir die Hitze am 2. Tag und der Schlafentzug, in der Nacht erkannte man die einfachen Dinge nicht mehr am Straßenrand oder hatte mit dem Sekundenschlaf zu kämpfen.
Um diese Strapazen zu meistern war eine ausgeglichene Energiebilanz entscheiden. So mussten pro Tag ca. 10.000 Kalorien zugeführt werden. Diese nahm ich über spezielle Flüssignahrung, Bananen, Äpfel, selbst gemachten Riegel zu mir. Hier habe ich durch die Mühle Geßmann sehr gute Unterstützung, die über die Jahre spezielle Getränke und Backmischungen entwickelt haben.
Leider ist der Extrem Radsport nur eine Randsportart, in der die großen Sponsoren ausbleiben. Ich bin aber den vielen Dankbar die mich bei unserem Vorhaben unterstützt haben. Es gab sehr viele, die mir Material geliehen oder zur Verfügung gestellt haben. Armins Radhaus, der noch freitags vor dem Rennen mein spezielles Berg Rad aufgebaut hat. Storck Bicycle für die Materialunterstützung, sowie der Fa. Schwalbe, die mir die Reifen gesponsert haben. Supernova für die Akkulampen. Dank an die Firma Sinner Optik für die ganz speziellen Kontaktlinsen. Die Firma CSP für die tollen Team Shirts. Mein Radsportverein der VFR Waldkatzenbach, der mich seit Jahren in meinen Vorhaben begleitet.
Nach dem Empfang und der Dusche erlebten wir nach ein paar Stunden Schlaf noch einen schönen Sonntag mit einem gemeinsamen Abendessen und am nächsten Tag ging es nach Hause, auch dort gab es einen Empfang und eine schöne Feier.